20. Juni 2010 | Brigitte Schuster, Glas & Agelinde Scholl, Zeichnungen
Die
Zeichnungen von Agelinde Scholl sind autonome Arbeiten, sie sind nicht Entwurf sondern stehen für sich selbst. Sie wendet sich mit forschendem Blick den leicht übersehbaren, fast nebensächlichen Alltagsdingen zu, wie den Pflanzen aus ihrem Garten.
Beobachtet sie immer und immer wieder in der täglichen Veränderung, erforscht sie bis ins innerste und macht für uns etwas sichtbar, was wir vielleicht sonst eher achtlos hinnehmen.
So entstehen über lange Zeiträume Serien mit immer gleichen Motiven in unterschiedlichsten Zuständen, Strukturen werden sichtbar, die wir so nicht vermutet hätten. Fast skelettartig entblösst geben sie uns Einblick in das innerste, in die Architektur der Pflanze. Microstrukturen übersetzt Agelinde Scholl in grossformatige Zeichnung, kein Detail entgeht ihrem geduldigen Blick, Linie für Linie spürt sie dem Geheimnis der Natur nach.Seit Ihrem Studium (in den sechziger Jahren, wir waren zur gleichen Zeit dort) an der ADBK München bei Prof. Nagel hat sich Agelinde Scholl vorwiegend auf die Zeichnung konzentriert und dabei eine hohe Meisterschaft entwickelt. Zeichnen heisst für sie: sehen, erforschen, erkennen, erfinden.
Aber es gibt auch noch eine andere Seite: Die Räume, kein Nachspüren sondern Erfindungen.
Die Microstruktur der Pflanze wird zur Makrostruktur des Raumes, der Architektur, des Bühnen raumes. Giovanni Battista Piranesi ist mir da spontan in den Sinn gekommen, der italienische Architekt und Zeichner des 18. Jahrhunderts. Agelindes Räume haben nicht die Düsterkeit der „Carceri d´inventione“, aber es sind auch Erfindungen, die mit der persönlichen Raumerfahrung spielen, starke, meisterliche Zeichnungen.
Glas.
Brigitte Schuster hat sich diesem faszinierenden Werkstoff verschrieben. Nach einem Studium an der staatlichen Berufsfachschule für Glas und Schmuck in Neugablonz, Gaststudien an der ADBK München, Glaswerkstatt und der Staatlichen Glasfachschule Zelezny Brod, Tschechien arbeitet sie seit 1994 selbstständig als Glasgestalterin.
Was hinter dieser Berufsbezeichnung steht kann man ein wenig erahnen, wenn man die Vielfalt der hier gezeigten Stücke näher betrachtet. Alleine die Techniken mit denen Brigitte Schuster arbeitet, sagen eine Menge aus über dieses aussergewöhnliche Material und die handwerklichen Fähigkeiten der Künstlerin:
gegossenes Glas, mundgeblasenes Glas, Sandguss, Glasmalerei, kalt bearbeitet, geschliffen, verschmolzen, ofengeformt, laminiert, und poliert, sie können es bei den jeweiligen Arbeiten nachlesen, aber auch gerne Brigitte Schuster selbst fragen.
Was sie hier nicht oder nur eineschränkt (Portfolios) sehen können sind die Arbeitsbereiche: Glasgestaltung in der Architektur, öffentlich und privat. Individuelle Entwürfe für Eingangsbereiche, Trennwände, Wintergärten, Fenster, Türen, grossformatige Glasbilder und Objekte für Innen- und Außenbereiche. Zahlreiche ihrer Arbeiten sind in öffentlicher Hand.
Ihr bislang grösster Auftrag: Eine über150qm gestalteter Glasfläche im „Alter Hof“, München. Zur Zeit arbeitet sie an 8 Glashäusern im Sandgussverfahren auf Eichenstelen für das Gymnasium Gaimersheim.
Kaum ein anderes Material zeigt so viele Gesichter wie Glas. Brigitte Schuster sagt selbst:
„Glas ermöglicht mir nicht nur ein Bearbeiten der Oberfläche, auch das Innere des Objektes
wird zum Thema. Es entsteht ein Spiel von Ein- und Durchblicken, das das Licht und die Stimmung des Tages mit einbezieht.
Glas hat Energie und Kraft, arbeiten mit Glas fordert Konzentration und auch die Kraft, sich auf das Wesentliche zu besinnen.“